Igor Nikonov - Unternehmer, Berater des Bürgermeisters von Kiew, Gründer der Firma KANN Development
Wir schenken den Menschen Zeit und machen sie glücklich.
Vor einigen Wochen schaute ich ein Interview mit einem der bekanntesten Bauherren der Ukraine, Igor Nikonov. Einige Fakten über das aktuelle Geschehen auf dem Immobilienmarkt in Kiew haben mich erstaunt, aber auch erfreut. Ich denke, dass einige Fakten auch für Sie interessant sein werden. Hier nur einige Auszüge aus dem über einstündigen Interview eines der populärsten ukrainischen Journalisten, Dmitrij Gordon.
Kurzinfo: Igor Nikonov, geboren am 20.07.1964, Unternehmer, Berater des Bürgermeisters von Kiew, Gründer der Firma KANN Development. Verheiratet, hat 10 Kinder.
-Wo Du gearbeitet hast, sind nicht nur blühende Oasen mit Wohnungen, Schulen, Kindergärten, Restaurants, Büros entstanden – es sind Stadtteile mit der dazugehörigen Infrastruktur entstanden. Du hättest viel mehr erreichen können, wenn Du wie viele andere gebaut hättest. Was ist dein Credo?
-Es geht mir nicht darum, viel Geld zu verdienen. Für mich ist es wichtig, die positive Energie der Menschen zu spüren, die in den fertiggestellten Projekten leben, und wenn ich mit den Leuten spreche, bedanken sich viele bei mir, obwohl wir keine billigen Projekte haben. Mein Credo ist: Je besser du deine Arbeit machst, desto mehr bekommst du zurück. Das ist nicht immer Geld. Es ist der Ruf, die positive Energie der Menschen, die in den Häusern leben, das positive Karma und so weiter. Ich denke, du musst deine Arbeit gut machen oder gar nicht.
-Du bist in der Ukraine geblieben. Ich möchte mit dir wie mit einem Visionär sprechen, der in die Zukunft schaut. In den USA ist der Präsident Trump unter anderem ein Developer und Investor. Wäre das auch in der Ukraine möglich?
-Ein Developer muss viel wissen – er muss Wirtschaft und Finanzen verstehen, er muss kreativ denken können, er muss Technik verstehen, er muss spüren, was seine Kunden wollen. Mit diesem Wissen kann ein Developer durchaus Präsident werden. In Amerika hat die Gesellschaft eine andere Einstellung zum Developer als in der Ukraine, deshalb glaube ich nicht, dass das in der Ukraine momentan möglich wäre.
-Wie sieht der Immobilienmarkt in der Ukraine heute aus? Vor allem in Kiew.
-Anfang 2022 war eine Hängepartie. Trotzdem haben wir im Mai 2022 angefangen zu bauen, weil wir Verpflichtungen hatten. Dann hat sich der Markt stabilisiert, heute werden etwa 25 Prozent dessen gebaut, was zu Beginn des Krieges gebaut wurde. Unser Unternehmen hat derzeit keine eingefrorenen Projekte. Im Moment haben wir Anzahlungen für Wohnungen, die 2026 und 2027 gebaut werden. Ich denke, weil wir auch während des Krieges kontinuierlich gearbeitet haben, konnten wir das Vertrauen der Menschen gewinnen. Unsere Projekte werden pünktlich fertiggestellt, manchmal sogar früher als geplant.
-Sind die Preise niedriger als vor dem Krieg?
-Nein, die Preise sind stabil geblieben, aber die Produktionskosten sind deutlich gestiegen. Das hat mit der Logistik zu tun, viele Lieferanten sind zerbombt, die Lieferketten sind zerstört und vor allem sind die Arbeitskräfte viel teurer geworden. Es gibt einen Mangel an Fachkräften – sie sind an der Front oder im Ausland. Die Rentabilität ist also viel geringer geworden.
-Wenn jetzt schon Arbeitskräfte fehlen, wie wird es nach dem Krieg sein, wenn der Wiederaufbau beginnt und viel mehr Arbeitskräfte gebraucht werden. Dann werden die Löhne sicher steigen.
-Das ist heute schon der Fall. Die Löhne sind um das 1,5- bis 2-fache gestiegen. Ingenieure sind absolute Mangelware. Unsere Ingenieure sind im Ausland sehr begehrt – sie haben eine gute Ausbildung und sind bereit, für weniger Geld viel zu arbeiten. Deshalb haben wir uns entschlossen, die Arbeitskräfte selbst auszubilden – jetzt haben wir während des Krieges für 23 Millionen Dollar eine Schule gebaut, in der Architekten und Ingenieure ausgebildet werden.
Von der ersten Klasse an lernen die Kinder, was Stadtplanung ist, was Komposition ist, was Ingenieurwesen ist und ganz allgemein, was Bauen ist.
-Nach dem Krieg werden wir sicher viele Arbeitskräfte aus dem Ausland anwerben müssen.
-Ja, ohne ausländische Arbeitskräfte wird es nicht gehen. Um ehrlich zu sein, haben wir Erfahrungen mit Arbeitern aus Tadschikistan. Die haben 12 Stunden am Tag gearbeitet. Ohne zu trinken, ohne zu rauchen und oft ohne Pause. Das Ergebnis war nur halb so gut wie das, was unsere Arbeiter in 8 Stunden schaffen. Die ukrainischen Arbeiter sind fleißig und gut ausgebildet. Das Handwerk ist uns seit Hunderten von Jahren vertraut.
-Welche Art von Immobilien ist derzeit besonders gefragt: Anlageimmobilien, Gewerbeimmobilien oder Wohnungen? Neubauten oder Altbauten?
-Ich denke, dass Neubauten sehr gefragt sind, aber eine Wohnung besteht nicht nur aus Quadratmetern. Man kauft einen Lebensraum mit der ganzen Infrastruktur, man kauft Service, man kauft Nachbarschaft. Das ist so wichtig geworden, dass Wohnungen in einzelnen Häusern, die nicht in eine Infrastruktur eingebunden sind, schwer zu verkaufen sind. Einer der wichtigsten Faktoren – man kauft den ganzen Service mit – z.B. eine Verwaltungsgesellschaft, deren Funktion enorm wichtig ist.
Meistens werden 1-2-Zimmer-Wohnungen gekauft, aber auch 3-Zimmer-Wohnungen. Wobei die Nachfrage nach kleineren Wohnungen in letzter Zeit zugenommen hat. Wir verstehen den Markt und konnten unsere Projekte schnell anpassen. Zum Beispiel, indem wir einige Wohnungen kleiner gemacht haben.
-Inzwischen wurde ein Immobilienverband gegründet, warum?
-Dafür gibt es viele Gründe. Einer davon: Wir wollen eine professionelle Basis schaffen, mit der Regierung zusammenarbeiten – einige Gesetze müssen geändert werden, um zum Beispiel die Rechte von Investoren und Bauträgern besser zu schützen. Wir wollen eine Expertengilde gründen, damit die Menschen nicht nur aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen und Emotionen Entscheidungen treffen, sondern aufgrund ihrer Kompetenz. Als Organisation werden wir auch in der Lage sein, Experten aus dem Ausland einzuladen, um zum Beispiel Stadtplanung und Stadtentwicklung auf Regierungsebene richtig zu organisieren. Damit kulturelle, historische Aspekte, aber auch Verkehr und Infrastruktur von Anfang an richtig geplant werden. Wir haben jetzt schon 95 Bauträger in unserer Organisation, die in Kiew bauen, und 40 Bauträger, die in der ganzen Ukraine bauen. Wir wollen auch, dass die Bauträger einen gewissen Status bekommen, damit der potenzielle Käufer einen besseren Überblick über ein Bauunternehmen bekommt.
-Wie unterscheidet sich der Wohnungsmarkt in der Ukraine von dem in anderen Ländern?
-In der Ukraine stehen laut Statistik 22,8 Quadratmeter pro Person zur Verfügung. In Amerika sind es 68–70 Quadratmeter pro Person. Wenn wir in diesem Tempo weiterbauen würden, bräuchten wir etwa 20 Jahre, um europäisches Niveau zu erreichen. Auch bei der Qualität gibt es Unterschiede – in Kiew sind etwa 10.000 Häuser in einem desolaten Zustand.
Im Vergleich zu einem Stadtteil leben die Menschen in den Altbauten weniger komfortabel. Die Menschen in den neu projektierten Häusern leben glücklicher. Ihr Alltag ist besser organisiert. Jeder Hausbesitzer hat eine App – in Sekundenschnelle können ein Elektriker, ein Klempner, ein anderer Handwerker oder eine andere Dienstleistung bestellt werden. Das ist 100 % Service.
In einem Quartier gibt es die gesamte Infrastruktur – Geschäfte, Cafés, Kindergärten, Schulen, Büros, Fitnessstudios, Wellness-Center etc.. Etwa 65–80 % der Menschen verlassen ihr Viertel nicht, weil alles vor Ort ist. Man gewinnt Stunden, Tage, Monate an Lebenszeit, weil alles vor Ort ist. Also geben wir den Menschen Zeit.
-Meine letzte Frage: Wie lange, glaubst Du, wird dieser Kriegshorror noch andauern? Glaubst Du, dass er bald zu Ende sein wird?
-Das glaube ich leider nicht. Ich glaube, dass der Krieg für Russland, China und zum Teil auch für die USA profitabel ist. Die Ukraine leidet und ein Ende ist nicht in Sicht.
Das Interview wurde am 12.02.2025 geführt. Die volle Version in russischer Sprache ist hier nachzulesen.